Aktuelles Recht

ARBEITSRECHT

Übertragungsanspruch des Urlaubs wegen Quarantäne?

Der europäische Gerichtshof (EUGH) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Arbeitnehmer, der während seines bezahlten Jahresurlaubs wegen der Covid 19-Pandemie unter Quarantäne gestellt worden ist, den Jahresurlaub auf einen späteren Zeitraum übertragen kann

Hintergrund war folgender Fall:

Ein Arbeitnehmer hatte Urlaub im Dezember 2020. 

Aufgrund eines Kontakts mit einer positiv auf COVID-19 getesteten Person stellte die zuständige deutsche Behörde den Arbeitnehmer im selben Zeitraum unter Quarantäne.

Der Arbeitnehmer beantragte bei seinem Arbeitgeber, dass er diese Urlaubstage auf einen späteren Zeitpunkt übertragen haben will. Der Arbeitgeber lehnte dies ab.

Hiergegen klagte der Arbeitnehmer und war der Ansicht, dass die Ablehnung gegen das Unionsrecht verstoßen würde -gegen die Arbeitszeitrichtlinie.

Nach deutschem Recht muss der Arbeitgeber nur dann den Urlaub übertragen, d.h. dem Arbeitnehmer die Urlaubstage „wieder gutschreiben“, wenn der Arbeitnehmer krank wird und seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen kann.

Die Frage ist also: Ist die bloße Quarantäne einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen?

Das Arbeitsgericht wollte daher vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht verlangt, dass Urlaubstage, die mit der Quarantäne zusammenfallen, übertragen werden können.

Der EUGH hat entschieden, dass das Unionsrecht nicht verlangt, dass die Tage bezahlten Jahresurlaubs, an denen der Arbeitnehmer nicht krank ist, sondern aufgrund eines Kontakts mit einer mit einem Virus infizierten Person unter Quarantäne gestellt ist, übertragen werden müssen. Der bezahlte Jahresurlaub bezweckt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Anders als eine Krankheit steht ein Quarantänezeitraum als solcher der Verwirklichung dieser Zwecke nicht entgegen.

Folglich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Nachteile auszugleichen, die sich aus einem unvorhersehbaren Ereignis wie einer Quarantäne ergeben, das seinen Arbeitnehmer daran hindern könnte, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub uneingeschränkt und wie gewünscht zu nutzen.

(EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023 in der Rechtssache C-206/22 | Sparkasse Südpfalz)

Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („gelber Schein)

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich bereits vor 2 Jahren mit der Frage auseinandersetzen müssen, welchen Beweiswert die Krankschreibung durch einen Arzt hat, wenn der Arbeitnehmer sich nach Erhalt der Kündigung postwendend krankmeldet.

In diesem Fall wurde entschieden, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sehr gering ist. Dies gilt heute um so mehr, seitdem auch telefonische Krankmeldungen erlaubt waren und wieder erlaubt werden.

Nun musste sich das Gericht mit dem Fall beschäftigen, dass ein Arbeitnehmer sich für eine Woche krankmeldet und in dieser Zeit die Kündigung erhält. Nach Ablauf der ersten Krankmeldung erfolgten jedoch zwei weitere Krankmeldungen. Was ist mit den neuen Krankmeldungen, die genau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauerten?

Auch hier sah das Bundesarbeitsgericht den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert. Dies mit dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer am Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist einen neuen Job angefangen hatte und somit nur für die Zeit der Kündigungsfrist krank gewesen sein soll, somit eine passgenaue Verlängerung stattgefunden hatte.

Das bedeutet für die Praxis: Natürlich kann der Arbeitnehmer seine von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit mit der Bescheinigung des Arztes nachweisen. Aber: Dieser Beweiswert wird durch Sachverhalte der passgenauen Krankschreibung -d.h. genau für die Kündigungsfrist- erschüttert. Hier können sich somit ernsthafte Zweifel für den Arbeitgeber ergeben, dass eine Arbeitsunfähigkeit überhaupt nicht vorgelegen hat.

(Urteil vom 13.12.2023 – 5 AZR 137/23).

BAG-Urteil zu Equal Pay

Hat eine Frau Anspruch auf die gleiche Entlohnung für die gleiche bzw. gleichwertige Arbeit, wenn ein männlicher Kollege ein höheres Entgelt verhandelt hat?

Mit dieser Frage musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) auseinandersetzen:

Die Arbeitnehmerin klagte den Differenzbetrag ein zwischen ihrer Vergütung und der des gut verhandelnden Kollegen -und bekam überwiegend Recht.

Das BAG vertritt die Auffassung, dass die Arbeitnehmerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt wurde, weil ihr ein niedrigeres Gehalt bezahlt wurde als dem männlichen Kollegen.

Es reicht für die Vermutung einer Diskriminierung wegen des Geschlechts allein der Umstand aus, dass Beschäftigte mit verschiedenen Geschlechtern und vergleichbarer Tätigkeit unterschiedlich bezahlt werden. Der Arbeitgeber kann diese Vermutung zwar widerlegen, hat dies jedoch in diesem Verfahren nicht gekonnt.

Die Berufung des Arbeitgebers darauf, dass der männliche Arbeitnehmer die höhere Vergütung individuell besser verhandelt hat, hat das Gericht nicht gelten lassen – das bessere Verhandlungsgeschick des männlichen Arbeitnehmers ist kein objektiv geeignetes Kriterium, das eine ungleiche Bezahlung rechtfertigen könnte.

Folge für den Arbeitgeber: Er musste nicht nur die Gehaltsdifferenz an die Arbeitnehmerin zahlen, sondern wegen dem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch eine Entschädigungszahlung.

Was heißt das für den Arbeitgeber: Natürlich sind auch weiterhin in Bezug auf das Gehalt Differenzierungen zwischen Beschäftigte verschiedener Geschlechter möglich - z.B. wegen Berufserfahrung oder Qualifikationen-; die Differenzierung muss jedoch objektiv und geschlechtsneutral begründet werden.

(Urteil des BAG vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21)

 

Eine Rückkehr zur Stechuhr

Eine Reform des Arbeitszeitgesetz ist in Planung – es soll eine Verpflichtung der Arbeitgeber eingeführt werden, die Arbeitszeit der Beschäftigten elektronisch zu erfassen.

Dies würde bedeuten, dass es eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers geben wird, den Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten zu erfassen -und zwar elektronisch.

Tatsächlich besteht bereits jetzt schon die Pflicht der Arbeitgeber, die Arbeitszeit zu erfassen -dies auf Grundlage eines Urteils des europäischen Gerichtshofs-.

Somit ist die Frage des „Ob“ geklärt; es besteht nur Unklarheit über die Frage des „Wie“. Dies soll nun durch die Gesetzesänderung klargestellt werden.

Fazit die Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung besteht bereits, sodass die Reform nicht so weitreichend. Durch die Gesetzesänderung wird voraussichtlich die elektronische Erfassung zwingend vorgeschrieben werden.

Krankmelden und dann auf einer Party -ist da eine fristlose Kündigung gerechtfertigt?

Wer sich arbeitsunfähig krank meldet und dann auf einer Partei gesichtet wird – am besten noch auf Facebook oder Instagram Fotos postet, der muss im schlimmsten Fall mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen -wegen Vortäuschen einer Erkrankung und damit einhergehender Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.

Der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist erschüttert, wenn auf den Fotos erkennbar ein kerngesunder Arbeitnehmer:in zu sehen ist.

Für den Fall, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einer psychischen Erkrankung beruht, kann die Bewertung jedoch schon wieder ganz anders aussehen, denn bei dieser Diagnose könnte eine Party sogar die Genesung fördern.

Die Arbeitnehmerin eines vom Arbeitsgericht Siegburg zu entscheidenden Fall hatte hier zwar eine nachträglich ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für 2 Tage vorgelegt mit der Diagnose „psychischer Erkrankung“, jedoch hatte sie gegenüber dem Arbeitgeber gegenüber Grippesymptome gemeldet. Die Diagnose der nachträglich ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war somit mehr als zweifelhaft, sodass das Arbeitsgericht dir fristlose Kündigung für wirksam erachtet hat und die Klage abgewiesen wurde.

 

Urlaub verjährt nur, wenn der Arbeitnehmer vorher auf seinen Urlaubsanspruch hingewiesen wurde (BAG, Urt. v. 20.12.2022)

Wenig überraschend hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Urlaubsanspruch nur verjähren kann, wenn der Arbeitgeber vorher seine Arbeitnehmer auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass dieser verfallen kann.

Dies bedeutet -jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitnehmer rechtzeitig am Ende eines Kalenderjahres darauf hinzuweisen, dass noch Urlaubstage offenstehen und dass diese bis zum Ende des Kalenderjahres ggfs. auch bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden müssen. Die Ansage sollte so rechtzeitig sein, dass der Arbeitnehmer auch noch die Chance hat, den Urlaub zu nehmen. Kommt nun der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, dann kann der Arbeitnehmer auch noch Jahre später diesen Urlaub beanspruchen.

Falls somit ein Mitarbeiter bereits schon länger aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist und bislang davon ausging, dass der Urlaub verjährt ist, kann er durch dieses neue Urteil ggfs. Ansprüche gegen den Arbeitgeber haben. Wie viele Jahre rückwirkend dieser Anspruch noch besteht, ist tatsächlich noch nicht entschieden. In dem Urteil des BAG ging es immerhin um Urlaub aus den Jahren 2013-2016.

Wegweisende EuGH-Entscheidung- Urlaubstage verfallen nicht automatisch nach drei Jahren

Der Europäische Gerichtshof hat wie erwartet entschieden und die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt:

Urlaubsansprüche verjähren nach drei Jahren. Die Frage war: ab wann beginnt die Frist?

Nach Urteil des EUGH: Erst wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer über die Verjährungsfrist informiert, fängt diese an zu laufen. Werden sie nicht darüber informiert, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen.

Wird also der Arbeitnehmer nicht darüber informiert, dass ein Verfall der Urlaubstage droht, bleibt der Anspruch auch über die drei Jahre hinaus bestehen.

Erfassung der Arbeitszeit (BAG vom 13.09.2022)

Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden: alle Unternehmen müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen. Bislang war dies nur notwendig für die Erfassung der Überstunden und der Frage, ob die Bestimmungen des Mindestlohngesetzes eingehalten wurden -also hauptsächlich bei Minijobbern und Aushilfen ohne feste Zeiten.

Begründet wurde diese weitreichende Entscheidung damit, dass das Arbeitsschutzgesetz nach unionsrechtskonformer Auslegung den Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung verpflichte.

Es liegt noch keine schriftliche Urteilsbegründung vor, sodass gerätselt wird, wie nun eine Erfassung konkret aussehen muss.

Im Augenblick ist allen Arbeitgebern anzuraten, ohne Zuwarten ein System einzuführen -ausreichend dürfte im Augenblick noch sein, dass der Mitarbeiter seine Arbeitszeiten über eine Excel noch selbst erfasst. Die Bundesregierung beabsichtigt jedoch, die elektronische Zeiterfassung

(Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern auf dieser Website die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung)

Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, 23. Juni den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie (EU 2019/1152) über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union verabschiedet. Das Gesetz bringt zahlreiche arbeitsrechtliche Änderungen im Nachweisgesetz und anderen Gesetzen mit sich, die von großer Bedeutung für die Praxis sind.

Hauptsächlich wird die Arbeitsbedingungenrichtlinie durch Änderungen des Nachweisgesetzes (NachweisG) umgesetzt, aber auch andere Gesetze wie zum Beispiel das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Teilzeit- und Befristungsgesetz werden geändert.

Leider sind viele Neuregelungen, insbesondere auch neue Fristenregelungen für die Regelung einzelner Vertragsbedingungen kaum nachvollziehbar. Zudem bleibt es dabei, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen sind -die elektronische Form bleibt ausgeschlossen- und das im digitalen Zeitalter!

Zudem ist neu geregelt, dass Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des NachweisG eine Ordnungswidrigkeit darstellen, welche mit bis zu € 2.000,00 strafbewehrt sind. Eine Ordnungswidrigkeit stellt nicht nur dar, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wird, sondern wenn auch die im NachweisG genannten notwendigen Vertragsbedingungen nicht komplett aufgeführt werden oder die Fristen für die schriftliche Fixierung nicht eingehalten werden.

Für ab dem 01.08.22 neubegründete Arbeitsverhältnisse ist die Umsetzung der neuen Regelungen des NachweisG verpflichtend.

Aber auch bei Altverträgen können Arbeitnehmer verlangen, dass die im NachweisG wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich fixiert werden bzw. bei Änderungen der Vertragsbedingungen muss der Vertrag angepasst werden.

Kurze Zusammenfassung, welche Vertragsbedingungen nunmehr schriftlich fixiert werden müssen, wobei diese nicht abschließend ist:

  • das Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen
  • falls vereinbart: die Dauer der Probezeit
  • Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung; die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Mitarbeitenden einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses -hier wohl der gesetzliche Wortlaut, es reicht ein Verweis nicht mehr aus- sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.

Gerade das Fehlen der Fristnennung für die Kündigungsschutzklage könnte weitreichende Folgen haben. Im Raum stehen Schadensersatzansprüche für den Arbeitnehmer, zumindest aber auch eine großzügigere Handhabung für die nachträgliche Zulassung für verspätet eingereichte Kündigungsschutzklagen (§ 5 KSchG).

Eine Überarbeitung alter Vertragsmuster für Neueinstellungen ist somit dringend erforderlich.

 

Darlegung- und Beweislast im Überstundenprozess

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über die Frage der Darlegung- und Beweislast im Überstundenprozess eine klarstellende Entscheidung getroffen:

Fall in Kürze:

Die Arbeitszeit des Klägers -ein Aushilfsfahrer- wurde mittels technischer Zeitaufzeichnung erfasst, wobei nur Beginn und Ende der Arbeitszeit erfasst wurde und nicht die Pausenzeiten.

Zum Ende des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger Überstundenvergütung geltend mit der Begründung, dass er die gesamte Zeit gearbeitet habe und keine Pausen nehmen konnte, weil er sonst die Auslieferungsaufträge nicht hätte abarbeiten können. Diesen Vortrag hatte der Arbeitgeber bestritten.

Nun war die Frage, wer die Beweislast für die Leistung der Überstunden trug. Diese Frage war deshalb in den Blickpunkt gerückt, da der europäische Gerichtshof (EUGH) mit einem Urteil vom 14. Mai 2019 – C-55/18 – die Auffassung vertrat, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen. Da Deutschland bislang dieser Verpflichtung nicht nachkam, werde die Darlegungslast im Überstundenvergütungsprozess modifiziert. Für die schlüssige Begründung der Klage sei ausreichend, dass der Arbeitnehmer die Zahl der geleisteten Überstunden vorträgt. Mit dieser Begründung hatte die erste Instanz der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht dagegen hatte die Klage abgewiesen.

Das BAG hat die Auffassung des Berufungsgerichts geteilt, welches im Ergebnis die Entscheidung des EUGH für das deutsche Recht für nicht tragend hält, da den EUGH-Richtern die Kompetenz fehlen würde, zu Fragen der Vergütung Stellung zu nehmen. Wörtlich heißt es nämlich in Art. 153 Abs. 5 AEUV (hier geht es um Zuständigkeiten der Union):

„Dieser Artikel gilt nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht."

Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des BAG vom 04.05.2022:

„Der Arbeitnehmer hat zur Begründung einer Klage auf Vergütung geleisteter Überstunden – kurz zusammengefasst – erstens darzulegen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers hierzu bereitgehalten hat. Da der Arbeitgeber Vergütung nur für von ihm veranlasste Überstunden zahlen muss, hat der Arbeitnehmer zweitens vorzutragen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat. Diese vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer und deren Veranlassung durch den Arbeitgeber werden durch die auf Unionsrecht beruhende Pflicht zur Einführung eines Systems zur Messung der vom Arbeitnehmer geleisteten täglichen Arbeitszeit nicht verändert.“

Fazit: Somit bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung, dass den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast trifft, dass er die Überstunden geleistet hat und dass dies mit Anordnung bzw. Billigung des Arbeitgebers erfolgte.

(Bundesarbeitsgericht vom 04.05.2022)

 

Anfechtbarkeit eines Aufhebungsvertrags

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Aufhebungsvertrag, anfechtbar ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nur anbietet, wenn der Arbeitnehmer diesen gleich unterschreibt. (Urteil vom 24.2.2022)

Leitsatz des BAG:

Ein Aufhebungsvertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt (verkürzt) zugrunde:

Einer Arbeitnehmerin wurde vom Arbeitgeber vorgeworfen, sie habe sich arbeitsvertragsbrüchig verhalten (Vorspiegeln eines erhöhten Verkaufsgewinns durch Abänderung/Reduzierung der Einkaufspreise). Es wurde der Arbeitnehmerin ein Aufhebungsvertrag vorgelegt mit der Aufforderung, diesen sofort zu unterschreiben. Nach einer ca. 10-minütigen Pause hat die Arbeitnehmerin den Aufhebungsvertrag unterschrieben.

Diesen Vertrag hat die Arbeitnehmerin wegen widerrechtlicher Drohung angefochten mit der Behauptung, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe der Arbeitgeber gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen.

Das BAG hat gegen die Arbeitnehmerin entschieden, mit der Begründung, dass es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung fehlt. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerin wurde nicht dadurch verletzt, dass die Arbeitgeberin den Aufhebungsvertrag entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste.

Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Nicht immer hilft die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Nachweis für eine behauptete Arbeitsunfähigkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat über folgenden Fall zu entscheiden (nach Pressemitteilung des BAG):


Die Klägerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 22. Februar 2019 und legte der Beklagten eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung der Klägerin abdecke. Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-Out gestanden. Die Vorinstanzen haben der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 gerichteten Zahlungsklage stattgegeben.


Die vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen. Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – auch nach Hinweis des Senats – nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Klage war daher abzuweisen.


Fazit:

Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. September 2021)

Kürzung des Urlaubs während der Kurzarbeit rechtens?

Diese Frage war umstritten und wurde nun heute vor dem Bundesarbeitsgericht (Az.: 9 AZR 225/21) verhandelt. Die Vorinstanzen (Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 12.03.2021, Az.: 6 Sa 824/20) hatten diese Frage bereits bejaht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist dieser Auffassung heute gefolgt.

Die während der Kurzarbeit Null entfallenen Arbeitstage können daher anteilig gekürzt werden. Zur Begründung wird angeführt, dass die Arbeitspflicht während dieser Zeit aufgehoben sei und insofern erst gar keine Urlaubsansprüche entstehen können.

Nach dem heute verkündeten Urteil besteht nun also für Zeiträume ohne Arbeitspflicht auch kein anteiliger Urlaubsanspruch.

Die Richter verwiesen u.a. auf europarechtliche Vorgaben und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EUGH 13.12.2018, RS. C-385/17), der zufolge Arbeitnehmern Urlaubsansprüche nur für Zeiten zustehen, in denen sie auch tatsächlich gearbeitet haben.

 

Neues zur Krankmeldung:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über die Frage des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine richtungsweisende Entscheidung getroffen:

Sachverhalt (verkürzt):

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 22. Februar 2019 und legte der Beklagten eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung der Klägerin abdecke. Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-out gestanden. Die Vorinstanzen haben der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 gerichteten Zahlungsklage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen. Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – auch nach Hinweis des Senats – nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Klage war daher abzuweisen.

Fazit:

Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.

ERBRECHT (INTERNATIONAL/ EUROPÄISCH)

EuGH zur Rechtswahl eine Drittstaatlers

Der Europäische Gerichtshof hat am 12.10.2023 entschieden (Aktenzeichen C‑21/22 - OP (Choix du droit d’un État tiers pour la succession): Art. 22 der Erbrechtsverordnung (VO (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses) ist dahin auszulegen, dass ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnhafter Drittstaatsangehöriger für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Drittstaats wählen kann. Art. 75 der Verordnung Nr. 650/2012 in Verbindung mit Art. 22 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein in einem Mitgliedstaat der Union wohnhafter Drittstaatsangehöriger, wenn dieser Mitgliedstaat vor der Annahme der Verordnung mit dem Drittstaat ein bilaterales Abkommen geschlossen hat, das das auf Erbsachen anzuwendende Recht vorgibt und nicht ausdrücklich die Möglichkeit der Wahl eines anderen Rechts vorsieht, nicht für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Drittstaats wählen kann.

Interessantes zur Erbschaftssteuer

Als Erbe kann man sich in der Regel über ein kleinen oder größeren Vermögenszuwachs freuen. Bevor man aber das Geld verplant, sollte man an die Erbschaftssteuer denken.

Im Grundsatz gilt:

Erben und Beschenkte müssen Erbschaftsteuer oder Schenkungssteuer zahlen. So sieht es das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz vor. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber, je nach Verwandtschaftsgrad, mehr oder weniger großzügige Freibeträge vorgesehen. Je enger ein Erbe mit dem Erblasser verwandt ist, desto höher ist der Freibetrag. Auf diese Weise will der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich Erben für die Annahme des Nachlasses nicht verschulden müssen.

Die Freibeträge der Erbschaftsteuer richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad.

Es gelten folgende allgemeine Freibeträge:

- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner

500.000 Euro

- Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder

400.000 Euro

- Enkel

200.000 Euro

- Eltern und Großeltern

100.000 Euro

-Geschwister, geschiedene Ehepartner, Nichten, Neffen sowie alle übrigen Erben 20.000 Euro

Zusätzlich können besondere Versorgungsfreibeträge geltend gemacht werden.

Steuerlich interessant ist besonders, wenn sich im Nachlass ein Haus befindet.

Denn, wenn Erben ein von der Familie genutztes Haus über zehn Jahre weiter bewohnen, können sie weitere erhebliche Steuersummen einsparen.

Eine Ausnahme von der 10 Jahres Frist kann greifen, wenn der Erbe aus zwingenden, zum Beispiel gesundheitlichen Gründen daran gehindert ist, die vollen 10 Jahren das Haus zu bewohnen, so dass die Steuerermäßigung auch bei vorzeitigem Auszug gewährt wird.

Für einen steueroptimierten Erbfall und/oder Planung der Vermögensnachfolge beraten Sie gern unsere Spezialisten im Erbrecht- und Steuerrecht.

WIRTSCHAFTS-, HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT

ITALIEN:  Wenige Tage vor der Frist: Der Regionalverwaltungsgerichtshof Lazio setzt die Verpflichtung zur Eintragung ins Transparenzregister aus.

Das Regionalverwaltungsgericht (TAR) Latium mit Sitz in Rom hat in seinem Beschluss Nr. 8083/2023 dem Antrag eines Wirtschaftsverbands stattgegeben, die Wirksamkeit des Erlasses des Ministeriums für Unternehmen und Industrie auszusetzen, der die Durchführungsbestimmungen für die Übermittlung der Daten des wirtschaftlichen Eigentümers an die Handelskammern enthält. Damit wird die für den 11. Dezember 2023 festgelegte Frist für die Einhaltung der Vorschriften über das italienische Transparenzregister ausgesetzt.

Just vor Ablauf der für den 11. Dezember 2023 gesetzten Frist wird das Dekret des Ministeriums für Unternehmen und Made in Italy (Mimit) vom 29. September 2023 ausgesetzt, mit dem die Übermittlung der Daten des wirtschaftlichen Eigentümers an die Handelskammern in Kraft gesetzt wurde. Der TAR Latium hat mit dem Beschluss, der am 7. Dezember 2023 veröffentlicht und am Wochenende bekannt wurde, die Wirksamkeit des genannten Dekrets ausgesetzt.

Da der Erlass die Verhandlung über die Begründetheit der Beschwerde auf die öffentliche Anhörung am 27. März 2024 festlegt, bleibt die Vollstreckung daher ausgesetzt.

Verordnung zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten

Der EuGH hat mit Urteil vom 7. Dezember 2023 in der Sache „SCHUFA“ entschieden, dass die Verordnung zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung) dahin auszulegen ist, dass  
- ein rechtsverbindlicher Beschluss einer Aufsichtsbehörde einer vollständigen inhaltlichen Überprüfung durch ein Gericht unterliegt,
- die Verordnung  einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht,
- die betroffene Person das Recht hat, vom Verantwortlichen die unverzügliche Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu verlangen, wenn sie gemäß Art. 21 Abs. 1 dieser Verordnung Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegt und keine zwingenden schutzwürdigen Gründe vorliegen, die ausnahmsweise die betreffende Verarbeitung rechtfertigen;
- der Verantwortliche verpflichtet ist, personenbezogene Daten, die unrechtmäßig verarbeitet wurden, unverzüglich zu löschen.

 

GmbH-Gründungen online möglich

GmbH-Gründungen sowie Handelsregisteranmeldungen für alle Rechtsträger sind online möglich. Zur Ermöglichung der Online-Gründung sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation geschaffen worden. Auch die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation durch Notarinnen und Notare werde ermöglicht. Dadurch könnten Bürgerinnen und Bürger auch die Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Einreichung von Urkunden und Informationen vollständig online erledigen.

Gleichzeitig wurden Anmeldungen zum Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister ebenfalls in den Anwendungsbereich des notariellen Online-Beglaubigungsverfahrens einbezogen. Anwendungsbereich der Online-Gründung auch auf Sachgründungen ausgeweitet. Der Anwendungsbereich der Online-Gründung wurde ab dem 01.08.2023 auch auf Sachgründungen ausgeweitet. Ausgenommen seien lediglich Sachgründungen unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung ihrerseits beurkundungspflichtig sei (etwa Grundstücke oder GmbH-Anteile). Auch Gesellschafterbeschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrages (sogenannte satzungsändernde Beschlüsse) einschließlich Kapitalmaßnahmen (Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals) wurden mit einbezogen.

Zudem wurde das Bekanntmachungswesen umgestellt. Die bisherige Offenlegungsstruktur werde digitalisiert und bürgerfreundlicher ausgestaltet. Nach dem "once-only-Prinzip" bedarf es zukünftig keiner separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal mehr. Das bedeute, dass Eintragungen in den Registern dadurch bekanntgemacht werden, dass sie im jeweiligen Register erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden. Auch erfolge die Übermittlung von Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichten fortan nur noch an das Unternehmensregister und nicht mehr an den Bundesanzeiger. Der Wegfall des kostenlos zugänglichen Bekanntmachungsportals wird dadurch kompensiert, dass seit dem 01.08.2022 für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister sowie dem Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht worden seien, generell keine Abrufgebühren mehr erhoben werden. Unternehmen und Privatpersonen, die sich etwa darüber informieren möchten, ob es im Handelsregister Veränderungen bei einem bestimmten Vertragspartner gibt, könnten also kostenlos einen chronologischen Auszug zu dem betreffenden Unternehmen abrufen.

 

Fahrzeugkauf und der gute Glaube: Autokäufer muss bei fehlender Haltereigenschaft des Verkäufers dessen Verfügungsbefugnis prüfen

Über eine immer wieder spannende Frage, praktisch ein „Klassiker, beim gewerblichen und privaten Kauf eines Kfz hat das OLG Hamm am 22.02.2016 entschieden:

Wenn ein (privater) Verkäufer nicht als Halter in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist, muss ein (privater) Käufer von sich aus prüfen, ob der Verkäufer zum Fahrzeugverkauf berechtigt ist. Die bloße Angabe des Verkäufers, er sei ein gewerblicher Zwischenhändler und auch der Umstand, dass der Verkäufer im Besitz der Fahrzeugpapiere und der Fahrzeugschlüssel ist, erübrigt nach Ansicht des Gerichts die gebotene Überprüfung durch den Käufer nicht.

Der Kläger bot als privater Verkäufer bot der Kläger seinen Audi Q3 im Internet zum Preis von circa 32.000 Euro zum Verkauf an. Im November 2014 rief ihn ein vermeintlicher Kaufinteressent an, der - wie später ermittelt wurde - den Namen eines unbeteiligten Dritten benutzte, dem wenige Tage zuvor die Geldbörse mit persönlichen Papieren entwendet worden war. Die Beteiligten einigten sich über den Kaufpreis und verabredeten eine Besichtigung und eventuelle Abholung des Fahrzeugs durch einen Beauftragten des Kaufinteressenten. Seine Bankverbindung übermittelte der Kläger an eine ihm mitgeteilte E-Mail-Adresse.

Zum vereinbarten Termin erschien eine Person, die dem Kläger (Verkäufer) die (entwendeten) Ausweispapiere des Dritten vorlegte und sich als dessen Beauftragter ausgab. Der Erschienene überließ dem Kläger einen gefälschten Überweisungsbeleg über den vereinbarten Kaufpreises von 30.500 Euro vom Konto des Dritten auf das Konto des Klägers. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag und eine Erklärung zur Fahrzeugübernahme, die eine im Namen des Dritten verfasste, auf dem Beauftragten ausgestellte Vollmacht zur Entgegennahme des Fahrzeugs enthielt.

In Erwartung des Eingangs des Kaufpreises auf seinem Konto übergab der Kläger sein Fahrzeug mit Schlüsseln und den auf seinen Namen ausgestellten Fahrzeugpapieren dem angeblichen Beauftragten des Dritten. Den Kaufpreis erhielt der Kläger in der Folgezeit nicht.

Zwei Tage nach der Veräußerung des Fahrzeugs durch den Kläger fand der Beklagte bei einer Internetrecherche das Fahrzeug des Klägers, das für 22.900 Euro zum Verkauf angeboten wurde.
Die verkäuferseitigen Informationen beschränken sich auf die Angabe "Privatanbieter", die Ortsangabe "Rheine" und die Mitteilung einer Handynummer. Der Beklagte nahm über die Handynummer Kontakt zum Anbieter auf und vereinbarte einen Besichtigungstermin in Rheine.

Während der Anfahrt nach Rheine erhielt der Beklagte einen Anruf des Anbieters, der sich als  gewerblicher Zwischenhändler ausgab und dem Beklagten ein Entgegenkommen anbot, sodass man sich in Greven traf. Die Probefahrt und Besichtigung des Fahrzeugs erfolgten dort und die Beteiligten einigten sich auf einen bar zu zahlenden Kaufpreis von 21.700 Euro und eine umgehende Vertragsabwicklung. Der Absprache entsprechend erfolgte die Kaufabwicklung am selben Abend am Wohnsitz des Beklagten: Gegen Barzahlung erhielt der Beklagte das Fahrzeug mit sämtlichen Papieren und Schlüsseln. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag über einen privaten Gebrauchtwagenkauf, in dem der namentlich bezeichnete Verkäufer einen Wohnsitz in Rheine vorgab und sich mit Angaben eines serbischen Personalausweises auswies.

Nachdem der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf seinen vermeintlichen Fahrzeugerwerb kontaktiert hatte, erfuhren die Beteiligten von der Abwicklung der Betrugsgeschäfte unter dem Namen des unbeteiligten Dritten. Sie stritten daraufhin über das Eigentum an dem Fahrzeug, dessen wirksame Übereignung an den unbeteiligten Dritten der Kläger in Abrede stellte, während sich der Beklagte unter anderem auf einen gutgläubigen Erwerb berief.

Das Gericht hat zugunsten des Klägers entschieden. Dieser habe sein Eigentum an dem Fahrzeug durch die von ihm getätigte Veräußerung nicht verloren. Das Fahrzeug sei nicht wirksam an einen Geschäftspartner übereignet worden. Auf Käuferseite habe im vorliegenden Fall ein Vertretergeschäft vorgelegen. Dieses habe der Kläger mit dem Namensträger, also mit dem an den Betrugsgeschäften unbeteiligten Dritten, als Erwerber abschließen wollen. Mit dem Namensträger sei aber keine wirksame Vereinbarung zustande gekommen. Dieser habe die handelnden Personen zu dem Erwerbsgeschäft weder bevollmächtigt noch das Geschäft nachträglich genehmigt.

Das Eigentum an dem Fahrzeug habe der Beklagte bei seinem Erwerbsgeschäft nicht vom berechtigten Kläger und auch nicht gutgläubig von einem Nichtberechtigten erworben. Ein gutgläubiger Erwerb komme nicht in Betracht, wenn dem Käufer bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sei, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehöre. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Dem Beklagten hätte sich aufdrängen müssen, dass das Kraftfahrzeug nicht dem Verkäufer gehörte und dieser nicht zur Veräußerung befugt war.

Beim Erwerb eines Kraftfahrzeuges müsse sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kraftfahrzeugbrief) vorlegen lassen. Mit Hilfe der dortigen Eintragungen habe er die Möglichkeit, eine Veräußerungsbefugnis des Fahrzeugbesitzers beim eingetragenen Fahrzeughalter zu hinterfragen.

Selbst wenn in diesem Zusammenhang der Veräußerer im Besitz des Fahrzeuges und der Zulassungsbescheinigung sei, sei der Erwerber bösgläubig, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen müssten und er diese Umstände unbeachtet lasse. Das treffe auf den Beklagten zu. Der Beklagte habe den ihm vorgelegten Originalfahrzeugpapieren entnehmen können, dass der ihm gegenüber tretende Veräußerer nicht der letzte Fahrzeughalter sei. Die Angaben des Internetangebots und auch der dem Beklagten vorgelegte schriftliche Kaufvertrag hätten zudem gegen einen Verkauf durch einen gewerblichen Händler gesprochen. Aufgrund dieser Umstände habe der Beklagte weitere Nachforschungen anstellen müssen. Auf die Verfügungsbefugnis eines Kraftfahrzeughändlers habe er nicht vertrauen können, weil der Verkauf nicht im Rahmen eines ordnungsgemäßen Kraftfahrzeughandels erfolgt sei.

Im Ergebnis schützte also nicht einmal die Vorlage der Papiere den guten Glauben des Beklagten!

Reform und Digitalisierung im deutschen Gesellschaftsrecht

Mit dem am 23.6.2022 beschlossenen „DiRUG“, dem Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der EU Digitalisierungsrichtlinie (DiREG), wurde die Sachgründung einer GmbH, die Beurkundung von Satzungsänderungen, einschließlich Bar- und Sachkapitalerhöhungen, Online-Beglaubigungen für Personenhandelsgesellschaften, Genossenschaften und Vereine sowie die Errichtung einer Gründungsvollmacht  mittels Videokommunikation möglich.

Am 1.8.2022 startete das Online-Verfahren zur notariellen Beurkundung. Die Nachfrage für Online-Beurkundungen ist leider gering, was möglicherweise am beschränkten Anwendungsbereich liegt. Es sollten u.E. auch alle mit der GmbH-Gründungen zusammenhängenden Anmeldungen bei Behörden oder Registern online erledigt werden können. 

Daneben wurde die Notarzuständigkeit, die leider bei digitalen Tätigkeiten von vorneherein beschränkt wurde, geändert: Alternativ zum Sitz der Gesellschaft und dem (Wohn-) Sitz des Gesellschafters gilt nun auch der (Wohn-) Sitz des organschaftlichen Vertreters als Grundlage für die Zuständigkeit. Es handelt sich dabei um eine rein berufsrechtliche und vom Registergericht nicht zu prüfende Norm. Ob der Notar auf der Grundlage einer allgemeinen Ausnahmeregelung auch bei Online-Beurkundungen bei einem besonders berechtigten Interesse der Rechtssuchenden oder einem besonderen Vertrauensverhältnis außerhalb seiner Zuständigkeit tätig werden kann, ist unklar.

Aktiengesellschaften wie auch die Europäische „SE“ können nun eine vollwertige virtuelle Hauptversammlung durchführen. Zwingende Voraussetzung ist die Aufnahme einer entsprechenden Regelung/Ermächtigung in die Satzung. Der im Gesetzgebungsverfahren vorübergehend angedachte Ausschluss bestimmter Beschlussgegenstände wurde unterlassen.

Das Auskunftsrecht der Aktionäre durch vorab einzureichende Fragen ist insoweit eingeschränkt, als dass  diese spätestens drei Tage vor der Hauptversammlung eingegangen sein müssen. Während der Hauptversammlung ist das Fragerecht der Aktionäre auf Nachfragen zu Antworten des Vorstands und Fragen zu kurzfristig sich ergebenden Sachverhalten beschränkt. Die Zulassung neuer Fragen liegt im Ermessen des Versammlungsleiters.

Auch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) ist nun seit Anfang März 2023 in Kraft. Der Regierungsentwurf umfasst im Wesentlichen folgende Punkte:

Für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wurde ein rechtssicheres europaweit kompatibles Verfahren eingeführt, bei dem die beteiligten Handelsregister digital miteinander kommunizieren.
Für grenzüberschreitende und für innerstaatliche Umwandlungen werden die Rechte der Minderheitsgesellschafter vereinheitlicht, die Ungleichbehandlung von Minderheitsgesellschaftern übertragender und übernehmender Gesellschaften bei der Verschmelzung wird beendet. Das Spruchverfahren steht künftig beiden Gruppen von Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung.
Aktiengesellschaften erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen. Das soll die Liquidität schonen und Investitionen im Zuge von Umstrukturierungen erleichtern.

Der Schutz der Gesellschaftsgläubiger im Umwandlungsverfahren wird gestärkt und ihr Rechtsschutz effizient ausgestaltet.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten bei grenzüberschreitenden Umwandlungen ihrer Arbeitgeber eigene Rechte auf frühzeitige und umfassende Information über das Umwandlungsvorhaben, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können.

Das Gesetz zur Modernisierung der Personengesellschaften (MoPeG) tritt am 1.1.2024 in Kraft. Da es aber wichtige Neuerungen enthält, müssen sich die Betroffenen frühzeitig darauf einstellen. Betroffen sind u.A. alle BGB-Gesellschafter, insbesondere besondere freiberufliche Berufsausübungsgesellschaften, wenn diese Personengesellschaften sind.
Innengesellschaften werden als rechtsfähig anerkannt. Die BGB-Gesellschaft, auch GdbR g(Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts genannt), zumindest mittelbar gezwungen, eine Registrierung in das Gesellschaftsregister vorzunehmen, so zum Beispiel beim Erwerb von Immobilienrechten oder Gesellschaftsbeteiligungen.

Auch das für unsere M&A-Tätigkeiten wichtige Umwandlungsgesetz wird in Bezug auf die BGB-Gesellschaft angepasst: Diese werden umwandlungsfähig, so dass auch ein Formwechsel in alle anderen Rechtsformen und umgekehrt stattfinden kann. Bedeutsam ist dabei der sogenannte Statuswechsel zwischen unterschiedlichen Formen der Personengesellschaften.

Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel die OHG bzw. KG als nun für Freiberufler (unter Vorbehalt des Berufsrechts geltende Gesellschaftsform) sowie die Liberalisierung des Namensrechts bei der Partnerschaftsgesellschaft.

Das neue Gesellschaftsregister erzeugt bei Eintragung handelsrechtlich „guten Glauben“. Die Eintragung ist zwar nicht allgemein obligatorisch, jedoch bei bestimmten Rechtspositionen Rechtsschein (Immobilien- oder Gesellschaftsanteile) und bei Umwandlungsvorgängen zwingend.

Das bereits zum 1.1.2023 geänderte Vormundschafts- und Betreuungsrechtes (s. unsere News zum Familienrecht) hat auch Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht, vor allem im Bereich der Unternehmensnachfolge.

Verfügungen über Gesellschaftsanteile setzen unabhängig von der Gesellschaftsform  die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts voraus, es sei denn, die Gesellschaft betreibt nur private Vermögensverwaltung.

Auch bei der Gründung einer Personengesellschaft verbleibt es dabei, dass es einer Genehmigung des Gerichts bedarf, wenn die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt oder später ihren Betrieb auf ein Erwerbsgeschäft ausweitet. Auch hier ist private Vermögensverwaltungsgesellschaft ausgenommen. Diese Regeln gelten übrigens auch für Kapitalgesellschaften.

Insgesamt sind die Reformregelungen des Gesellschaftsrechts zu begrüßen.  Insbesondere wird der Standort Deutschland dadurch mit mehr Rechtsicherheit und Flexibilität ausgestattet, was wirbei Dr. Einhaus & Partner sehr begrüßen.

Eines unserer lästigsten und größten Praxisprobleme bleibt die Eröffnung eines zur Gründung regelmäßig im Gründungsstaat notwendigen Bankkontos. Wir sehen schon nicht ein, warum in der EU nicht auch ein EU-Bankkonto ausreichende sein soll. Dann kommt noch hinzu, dass ohne Anwesenheit der Gründer bzw. Geschäftsführer nur selten eine Kontoeröffnung möglich ist. Die Identifizierung „auf Distanz“ klappt längst bei Online-Banken gegenüber dem Verbraucher, viel seltener aber bei Gesellschaftsgründungen. So wird einem EU-Notar nicht das Vertrauen und die Möglichkeit gegeben, die Identifizierung und Einholung der beglaubigten Unterschriften für eine Kontoeröffnung im Ausland  durchzuführen. Bankmitarbeiter genießen dagegen, ohne Amtsfunktionen, höheres Vertrauen. Hinter diesen Hürden stehen exzessive Auslegungen der Geldwäsche- und Transparenzregeln bei gleichzeitig mangelndem Reform- und Digitalisierungseifer der Kreditwirtschaft. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf!

Europa: Handelsregisterauszüge online und kostenfrei

Seit dem 1. August 2022 sind alle Registerinhalte aus dem Handelsregister (auf der Webseite Handelsregister.de) ohne Registrierung und kostenfrei verfügbar. Diese Änderung erfolgte mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie. Damit wurde ein Ärgernis für Unternehmen und Verbraucher dank der EU beseitigt. Es war schlichtweg schwer einzusehen, warum steuerfinanzierte Register sich die automatisch abzurufenden Informationen auch (nochmals) bezahlen ließen.
Das gilt natürlich auch für alle anderen EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Mittlerweile verknüpft die EU auf Ihrem E-Justizportal in allen Sprachen die Handelsregister und lässt für die meisten Mitgliedsstaaten auch die direkte Recherche auf dem EU-Portal zu (dort, wo das noch nicht funktioniert sind Verlinkungen in die nationalen Register vorgesehen).
Da bei Beginn einer Geschäftsbeziehung kein Zweifel an der Rechtsform, an der Firmierung und den Verantwortlichen des Geschäftspartner bestehen darf, ist das einfache Erlangen von korrekten amtlichen Handelsregisterdaten fundamental wichtig. Ein Impressum aus dem Internet kann das nicht gewährleisten. Auch hängt die Frage von Sicherheiten für den Schutz vor Zahlungsausfall von diesen Daten, insbesondere der Rechtsform des Unternehmens und den dahinter stehenden wirtschaftlich Beteiligten, ab. Die große Bedeutung der Daten setzt sich fort, wenn wir Gerichtsverfahren anstrengen müssen.

Die Rechtsanwälte von Dr. Einhaus & Partner geben Ihnen gerne weiter Auskünfte.

 

P.S.: Wir berichten gerne über EU-Recht. Das liegt einerseits darin begründet, dass wir es tagtäglich anwenden und unsere Mandanten informieren wollen. Andererseits ist es uns ein Anliegen, die EU in das richtige Licht zu rücken. Denn sie stärkt tagtäglich die Rechte der Unternehmen und der Verbraucher in Europa, vereinfacht das Leben und das Arbeiten und schützt die Grundfreiheiten wie auch unsere Demokratie. Es wird häufig verkannt, dass das viel gescholtene „Brüssel“ wie kein einziger Staat weltweit dynamisch dafür sorgt, dass unser Leben besser wird und Europa in vielerlei Hinsicht ein in der Welt einmaliger und vorbildlicher Verbund von friedlich vereinigten und gemeinsam für Ihre Bürger handelnden Staaten ist.

Warum Rechtsanwälte Dr. Einhaus & Partner Mandanten ohne Mehrkosten in der gesamten BRD vertreten können

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 14. September 2021 zur Frage der Kostenerstattung durch die unterlegene Gegenseite festgestellt, dass die Einschaltung eines auswärtigen Anwalts bei einem Gerichtstermin zwar regelmäßig nicht notwendig sei, wenn die Partei ihren Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks hat und nicht einen dort tätigen, sondern einen außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Dies schließe jedoch auf den Einzelfall bezogene Erwägungen zur sachlichen Rechtfertigung der Beauftragung eines nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht aus. Das gilt etwa, wenn sich diese aus der Komplexität der jeweiligen Rechtsstreitigkeit ergibt.

Auch die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts sei ausnahmsweise notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden könne.
Letzteres trifft oft auf unsere Rechtsanwälte zu, insbesondere wenn internationales, europäisches und ausländisches Recht oder auch Sprachkenntnisse gefragt sind.

 

Rechtsfolgen eines Erstattungsverlangens des Zahlers bei der SEPA-Basislastschrift

Der Bundesgerichthof hat am 12.5.22 entschieden:

1. Entfällt die aufgrund einer SEPA-Basislastschrift erfolgte Gutschrift auf dem Gläubigerkonto in Folge eines Erstattungsverlangens des Zahlungsschuldners und kommt es zu einer entsprechenden Rückbelastung des Gläubigerkontos, kann der Zahlungsgläubiger seinen Zahlungsschuldner aus der ursprünglichen Forderung auf Zahlung in Anspruch nehmen.

2. In der Insolvenz des Zahlungsgläubigers kann dessen Insolvenzverwalter diesen Zahlungsanspruch aus der ursprünglichen Forderung auch dann geltend machen, wenn das Konto des Zahlungsgläubigers zum Zeitpunkt des Erstattungsverlangens debitorisch geführt worden ist und der dem Kreditinstitut des Zahlungsgläubigers zustehende Ausgleichsanspruch nur eine Insolvenzforderung darstellt.

Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Die Pandemie scheint beherrschbar und es geht wirtschaftlich wieder aufwärts. Wir wollen gemeinsam mit Ihnen zuversichtlich in die Zukunft schauen und die Herausforderungen meistern. Auch der Gesetzgeber bleibt aktiv, und zwar mit dem „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens“, sowie auch das Justizministerium mit dem Vorhaben, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis März 2021 zu verlängern.

Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens sieht eine Verkürzung des regelmäßigen Restschuldbefreiungsverfahrens von derzeit sechs auf künftig drei Jahre vor. Auf die Erfüllung besonderer Voraussetzungen wie die Deckung der Verfahrenskosten oder die Erfüllung von Mindestbefriedigungsanforderungen soll künftig verzichtet werden.

Das dreijährige Restschuldbefreiungsverfahren soll für alle ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren gelten, um bereits diejenigen Schuldnerinnen und Schuldnern bei einem wirtschaftlichen Neuanfang zu unterstützen, die durch die aktuelle Lage in die Insolvenz geraten sind. Die zwischen dem 17. Dezember 2019 und 1. Oktober 2020 beantragten Restschuldbefreiungsverfahren sollen schrittweise verkürzt werden. Das verkürzte Verfahren soll grundsätzlich allen Schuldnerinnen und Schuldner, also insbesondere auch Unternehmern, offenstehen.

Für den Fall einer erneuten Insolvenz soll nach dem Regierungsentwurf die Sperrfrist für die erneute Erlangung einer Restschuldbefreiung von derzeit zehn auf elf Jahre und das Restschuldbefreiungsverfahren von derzeit drei auf fünf Jahre verlängert werden. Ferner sollen die Schuldnerinnen und Schuldner in der sog. „Wohlverhaltensphase“ stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen werden. Außerdem soll die Restschuldbefreiung künftig versagt werden können, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.

Schließlich sieht der Regierungsentwurf vor, dass Tätigkeitsverbote, die allein aufgrund der Insolvenz der Schuldnerin oder des Schuldners ergangen sind, nach Erteilung der Restschuldbefreiung automatisch außer Kraft treten.
Befragen Sie uns zu den Einzelheiten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

FAMILIENRECHT (INTERNATIONAL/ EUROPÄISCH)

Wem gehört der Hund?

In vielen Familien gibt es Haustiere, aber was passiert mit diesen, wenn ein Paar sich trennt und die Familie nicht mehr zusammenlebt.

Gerade bei dem liebsten Haustier, dem Hund, führt dies regelmäßig zu erheblichen Streitigkeiten.

Eine Verteilung der Haushaltsgegenstände bei Getrenntleben nach § 1361a BGB findet grundsätzlich auch im Hinblick auf Haustiere statt.

Aktuell wurde nun entschieden, dass eine weitere Abwägung stattfinden muss, da es sich eben um Tiere und nicht Sachen handelt.

Bei der vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei dem Haushaltsgegenstand um ein Lebewesen handelt und deshalb auch Tierwohlkriterien ausschlaggebend sind.

In erster Linie ist bei einem Hund relevant, welcher der Ehegatten als Person bzw. „Rudelmitglied“ die Hauptbezugsperson des Tieres ist, andernfalls ist der Verbleib des Hundes in seinem bisherigen gewohnten Umfeld zu ermöglichen.

Der Herausgabeanspruch nach § 1361a I S. 1 BGB erfasst auch die dem Haustier zuzuordnenden Gegenstände.

Auch kann eine sofortige Wirksamkeit der Entscheidung nach § 209 II S. 2 FamFG analog anzuordnen sein, wenn eine sofortige Herausgabe des Haustiers dem Tierwohl am besten entspricht.

Wurde das Tier bereits in die Ehe mit eingebracht, geerbt oder wurde es geschenkt, gehört es diesem Ehepartner allein und verbleibt auch nach der Trennung in dessen Eigentum.

Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung

Der Europäische Gerichtshof hat am 02.08.2021 entschieden (Aktenzeichen C-262/21):

Art. 2 Nr. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 ist dahin auszulegen, dass kein widerrechtliches Verbringen oder widerrechtliches Zurückhalten im Sinne dieser Bestimmung vorliegen kann, wenn sich ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen Elternteils in Befolgung einer von einem Mitgliedstaat auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, getroffenen Überstellungsentscheidung dazu veranlasst sieht, sein Kind aus diesem Staat, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befand, in einen anderen Mitgliedstaat zu bringen und im letztgenannten Mitgliedstaat zu bleiben, nachdem die Überstellungsentscheidung für nichtig erklärt wurde, ohne dass die Behörden des erstgenannten Mitgliedstaats beschlossen hätten, die überstellten Personen wieder aufzunehmen oder ihnen den Aufenthalt zu gestatten.

Interessantes zum Thema Elternunterhalt

Pflicht zu Elternunterhalt:

Was ist Elternunterhalt und wer muss ihn zahlen?

Werden Eltern im Alter bedürftig und können ihren Lebensunterhalt oder die Pflege nicht aus eigenem Vermögen oder Einkommen bestreiten, sind prinzipiell die erwachsenen Kinder in der Pflicht. Sie unterliegen per Gesetz einer grundsätzlichen Unterhaltspflicht: Im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten müssen Kinder gemäß §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den Unterhalt der Eltern sorgen.

Das betrifft zum Beispiel den Unterhalt für Eltern im Pflegeheim. Bei der Unterbringung fallen monatliche Ausgaben für Pflege, Kost und Logis an, die sich aus den Leistungen der Pflegeversicherung und der Rente allein oftmals nicht decken lassen. Zwar sind Kinder dann grundsätzlich zum Elternunterhalt verpflichtet, aber nicht in jedem Fall. Ob die Nachkommen wirklich zahlen müssen, hängt gemäß § 1603 BGB davon ab, ob sie “leistungsfähig” sind, also ob ihnen auch nach Zahlung des Unterhalts noch genügend Geld für den eigenen Lebensunterhalt bleibt.

Seit 1. Januar 2020 gilt das Angehörigen-Entlastungsgesetz. Es bestimmt: Nur bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von mindestens 100.000 Euro muss Elternunterhalt gezahlt werden. Liegt das Einkommen des Kindes darunter, kann das Sozialamt Leistungen für Hilfe zur Pflege nicht von ihm zurückfordern. Für die Grundsicherung im Alter gilt dies bereits länger.

Die Unterhaltspflicht besteht ausschließlich gegenüber den eigenen Eltern. Schwiegerkinder sind nicht zu Unterhaltszahlungen für ihre Schwiegereltern verpflichtet.

Das gilt also, wenn zum Beispiel der Schwiegersohn mehr als 100.000 Euro im Jahr verdient. Auch können keine anderen Verwandten wie Cousinen, Tanten oder die Enkelkinder zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden.

Eltern, die ihre Kinder nicht finanziell belasten wollen, äußern oftmals den Wunsch, auf die Unterhaltszahlungen verzichten zu wollen. Dies ist allerdings nicht möglich, sofern die gesetzliche Pflicht zum Elternunterhalt besteht.

Elternunterhalt: Was bedeuten Schonvermögen und Selbstbehalt?

Wer unterhaltspflichtig ist, muss sich nicht für den Elternunterhalt verschulden oder den letzten Euro dafür ausgeben. Wichtige Begriffe in diesem Zusammenhang sind Selbstbehalt und Schonvermögen.

Der Selbstbehalt bezeichnet Freibeträge für das Einkommen der zahlungspflichtigen Angehörigen. Diese sind konkret in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle geregelt.

Der Selbstbehalt für Familien mit eigenen Kindern beläuft sich derzeit auf monatliche 3.600 Euro.

Von dem Betrag, der nach der Bereinigung des Nettoeinkommens und dem Abzug des Selbstbehalts übrigbleibt, müssen Kinder monatlich die Hälfte als Elternunterhalt zahlen.

Schonvermögen bedeutet: Für Elternunterhalt kann gemäß § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) anderweitiges Vermögen nur insoweit für Unterhaltszahlungen herangezogen werden, als Verpflichtete nicht unangemessen benachteiligt werden. Deshalb ist unter anderem ein gewisser Teil des Bruttoeinkommens vor dem Elternunterhalt geschützt. Das gilt beispielsweise für: Mittel für die eigene Altersvorsorge – hierfür müssen 5 Prozent des Bruttogehalts übrigbleiben, Versicherungsbeiträge

Auch darf der Wert einer eigenen Immobilie, in der zahlungspflichtige Kinder wohnen, gemäß einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht angerechnet werden. Allenfalls kann dafür ein sogenannter Wohnortvorteil mit in die Berechnung einfließen.

Das Schonvermögen, das nicht für den Elternunterhalt angetastet werden darf, wird individuell berechnet.

Wie wird der Elternunterhalt bei mehreren Kindern geregelt?

Hat ein bedürftiger Vater oder eine bedürftige Mutter mehrere Kinder, dann sind nur jene unterhaltspflichtig, deren persönliches Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro oder mehr beträgt. Es kann also sein, dass ein Kind Elternunterhalt zahlen muss und seine Geschwister nicht. Verdienen mehrere Kinder oberhalb der Einkommensgrenze für Elternunterhalt, heißt dies allerdings nicht, dass alle gleich viel an Unterhaltszahlungen leisten müssen. Hier wird je nach Einkommen für jedes Kind ein entsprechend zu zahlender Betrag berechnet.

Lässt sich die Pflicht zu Elternunterhalt vermeiden?

Unter gewissen Voraussetzungen brauchen zahlungspflichtige Kinder keinen oder zumindest nicht den vollen Elternunterhalt zu leisten. Und zwar dann, wenn die Zahlung nach § 1611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als unbillig oder grob unbillig, also als unangemessen und ungerecht anzusehen ist.

Unbillig ist es, wenn Mutter oder Vater ihre Bedürftigkeit selbst verschuldet oder ihre Unterhaltspflicht gegenüber den eigenen Kindern vernachlässigt haben. Grob unbillig sind Bedrohungen, schwere Beleidigungen sowie Gewalt gegenüber den Kindern.

Die Verpflichtung zum Elternunterhalt entfällt allerdings nicht automatisch, wenn der Kontakt zwischen Kindern und Eltern seit langer Zeit abgebrochen war.

Eine Verwirkung des Elternunterhalts ist dagegen möglich, wenn sich z. B. ein Vater nach der Scheidung um die Unterhaltszahlungen für sein minderjähriges Kind gedrückt hat.

 

Sollten Sie von einem Sozialversicherungsträger auf Elternunterhalt in Anspruch genommen werden, stehen wir für alle Fragen zur Verfügung und beraten wir Sie gern über Einwendungsmöglichkeiten gegen die geltend gemachte Forderung.

 

Trennung und Scheidung- die Cartabia- Reform im italienischen Familienrecht

Am 1. März 2023 tritt in Italien die Reform des Familienrechts in Bezug auf Trennung und Scheidung in Kraft, um die Dauer der Verfahren zu verkürzen und den Rückstau zu verringern.

Die sogenannte "italienische Ehescheidung" erhält damit ein neues Gesicht: Trennung und Scheidung können künftig in einem einzigen Verfahren durchgeführt werden; die zweistufige Struktur des Verfahrens, zunächst vor dem Präsidenten und dann vor dem Richter, wird zugunsten eines einzigen Verfahrens abgeschafft. Darüber hinaus sind Sanktionen für den Fall vorgesehen, dass einer der Ehegatten gegen die Vereinbarungen über das Sorgerecht und den Umgang mit dem Kind (in Bezug auf Zeit und Art und Weise) verstößt.

So sind die Ehegatten verpflichtet, dem Gericht einen detaillierten Bericht über die täglichen Verpflichtungen und Aktivitäten der Kinder vorzulegen, damit der Richter einen Zeitplan erstellen kann. Verstößt einer der Ehegatten dagegen, werden Sanktionen verhängt.

Die erste große Neuerung liegt also in der einzigen Urkunde, die einleitenden Urkunden müssen ab dem Zeitpunkt ihrer Einreichung die Darstellung des Sachverhalts und die Beweismittel enthalten (sowie vollständig sein mit allen Anträgen, Einwänden, Beweisen und Widerklagen).

Die Kriterien für das Verfahren der neuen "italienischen Scheidung" sind das rechtskräftige Urteil über die Trennung und die Beendigung des Zusammenlebens der beiden Ehegatten. Das von der Europäischen Union geforderte und in der Nationalen Sanierungsplan (sogenannte PNRR) festgelegte Ziel, nämlich die Verkürzung der Verfahrensdauer, wird dadurch verwirklicht, dass die richterliche Anhörung innerhalb von 90 Tagen nach Einreichung der Klage stattfinden muss.

Die Zuständigkeit liegt beim Gericht des Wohnsitzes des Kindes oder, falls keine minderjährigen Kinder vorhanden sind, beim Gericht des Wohnsitzes des Beklagten.

Die zweite Neuerung besteht darin, dass der Richter im Falle von Unterhaltszahlungen Nachforschungen über das Vermögen und den Lebensstandard anordnen kann. Damit soll festgestellt werden, ob einer der Ehegatten einen Teil des Einkommens verheimlicht hat.

Die dritte Neuerung besteht darin, dass der Anhörung des Kindes, auch von Kindern unter 12 Jahren, breiter Raum und Bedeutung eingeräumt wird, da es "das Recht hat, seine Meinung in allen Angelegenheiten und Verfahren, die seine persönliche Sphäre betreffen, zu äußern". Die Kinder des Paares, sofern sie anwesend sind, müssen vom Gericht immer angehört werden, und ihre Meinung ist für das endgültige Urteil ausschlaggebend.

Der Richter muss das Alter und den Reifegrad des Kindes berücksichtigen; letzteres kann direkt oder mit Hilfe von Experten für Kinderpsychologie angehört werden.

Dieser neue Ritus gilt für Personenstandsklagen (Anerkennung, Anfechtung, gerichtliche Vaterschaftsfeststellung), Trennungen, Scheidungen, Auflösungen von Lebensgemeinschaften und damit zusammenhängende Änderungen, Unterhaltssachen, Untersagungs- und Entmündigungsverfahren sowie Erbschaftssachen. Adoptions- und Einwanderungsverfahren, die in die Zuständigkeit der spezialisierten Abteilungen des Gerichtshofs fallen, bleiben ausgeschlossen.

Die letzte Neuerung der Cartabia-Reform, die im Oktober 2024 in Kraft treten wird, betrifft das sogenannte Gericht für Personen, Minderjährige und Familien. Ziel ist es, die derzeitige Zersplitterung der Zuständigkeiten zwischen dem ordentlichen Gericht, dem Jugendgericht (das mit spezifischen Zuständigkeiten und Funktionen bestehen bleibt) und dem Vormundschaftsrichter zu beenden.

Die in der Reform vorgesehenen Änderungen des Zivilprozesses, die den Namen der ehemaligen Justizministerin Marta Cartabia tragen, zielen auf eine Straffung der Verfahrensdauer ab. Ziel ist es, die Dauer der Prozesse zu verkürzen, die in Italien schon immer ein kritisches Thema war und weit von den von der Europäischen Union geforderten Standards entfernt ist.

Die Reform, die am 30. Juni 2023 hätte in Kraft treten sollen, ist zu einer Priorität der Regierung Meloni geworden, die mit den im Haushaltsgesetz enthaltenen Übergangsbestimmungen den Fuß auf das Gaspedal gesetzt hat. Das ist kein Detail, denn die Europäische Kommission hat die Zuteilung von Mitteln aus dem Nationalen Sanierungsplan (sogenannte  PNRR) an die Erreichung der Standards (Verkürzung der Verfahrensdauer um 40 Prozent) geknüpft.

Dott.ssa Silvia Cormaci

Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 12.05.2021 ist nach fast zweijähriger Übergangszeit zum 1.1.2023 in Kraft getreten und hat als Zielsetzung, den (natürlichen) Willen einer betreuten Person zu verwirklichen.

Im Leben gibt es Situationen, in denen Personen ihren Willen nicht mehr artikulieren können und Angehörige darauf angewiesen sind Entscheidungen treffen zu können.

Mit der Reform wurden aus diesen Gründen verschiedene Aspekte des Vormundschafts- und Betreuungsrechts geändert.

Im Betreuungsrecht wurde das Recht betreuter Menschen auf Selbstbestimmung maßgeblich verbessert.

Im Eherecht gibt es jetzt ein außerordentliches Notvertretungsrecht für Ehegatten im medizinischen Bereich.

Im Vormundschafts- und Sorgerecht wurden die Rechte der Kinder deutlich gestärkt und auch die Rechte von Pflegeeltern bzw. Pflegekindern wurden gestärkt.

Besonders das eherechtliche Notvertretungsrecht ist eine wichtige Verbesserung, da dadurch die Vertretungsmöglichkeiten des anderen Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen deutlich erweitert wurde. In Fällen, in denen ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit vorübergehend nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge zu regeln, erhält der andere Ehegatte nun ein auf drei Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht. Dieses umfasst unter anderem die Einwilligung in Untersuchungen und Heilbehandlungen, die Einwilligung in ärztliche Eingriffe, den Abschluss von Behandlungs- und Krankenhausverträgen und den Abschluss von Verträgen über eilige Maßnahmen zur Rehabilitation.

Ärzte sind gegenüber dem Notvertreter für die Dauer des Notvertretungsrechts von der Schweigepflicht entbunden.

Bei getrenntlebenden Ehegatten sowie bestehenden anderen Vertretungsverfügungen finden die genannten Regelungen über das Notvertretungsrecht allerdings keine Anwendung.

Gern beraten Sie unsere Spezialisten im Familien- und Erbrecht bei diesbezüglichen Fragen.

Zahlung von Kindesunterhalt bei mietfreiem Wohnen

Wenn Eltern sich trennen, ändert sich in erheblichem Masse auch die wirtschaftliche Situation einer Familie.

Es entsteht unter anderem die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt für den nicht betreuenden Elternteil.

In den Fällen, in denen der betreuende Elternteil in der gemeinsamen Mietwohnung bleibt, die Miete aber vom ausziehenden Elternteil weiter übernommen wird, hat dies trotzdem keinen Einfluss auf die Berechnung des Kindesunterhalts.

Die Höhe des Kindesunterhalts wird nicht vom mietfreien Wohnen beeinflusst.

Das kostenlose Zurverfügungstellen von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen. Ein unterhaltsrechtlicher Ausgleich kann auch darin zu sehen sein, dass der Betreuungselternteil keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt geltend machen kann, da nach der Zurechnung des vollen Wohnwerts keine auszugleichende Einkommensdifferenz zwischen den Eltern mehr besteht.

Gern berät unsere Spezialistin im Familienrecht, Rechtsanwältin Cutaia, Sie bei diesbezüglichen Fragen.

Adoption eines Stiefkinds

Heutzutage gibt es immer mehr "Patchwork"-Familien. In manchen Fällen stellt sich dann die Frage, ob eine Adoption eines Kindes durch den neuen Lebenspartner des einen Elternteils in Frage kommt.

Grundsätzlich kann eine Adoption ausgesprochen werden, wenn dies dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Vor allem bei der Stiefkindadoption ist das schützenswerte Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung der familiären Bande zu seinem leiblichen anderen Elternteil zu beachten, wenn dieses Band infolge der Stiefkindadoption durchtrennt würde.

Für die Adoption des Kindes durch den Stiefelternteil kann dabei etwa sprechen, dass zwischen Kind und dem durch die Adoption zurücktretenden leiblichen Elternteil keine Beziehung (mehr) besteht, etwa weil dieser verstorben oder unbekannt ist oder die Beziehung so stark gelockert ist, dass sich das zwischen dem Kind und dem leiblichen Elternteil bestehende Eltern-Kind-Verhältnis nur noch als leere rechtliche Hülle darstellt.

Als gewichtiger Vorteil der Annahme als Kind kann sich in diesem Fall der Umstand erweisen, dass der Stiefelternteil nach der Annahme des Kindes eine bisher bereits faktisch gemeinsam wahrgenommene elterliche Verantwortung auch rechtlich in Gestalt der gemeinsamen elterlichen Sorge ausüben kann.

Gern beraten unsere Spezialisten im Familienrecht Sie bei diesbezüglichen Fragen. 

Ihre Ansprechpartnerin ist Rechtsanwältin Patrizia Cutaia.                                                                                  

ALLGEMEINES ZIVILRECHT

Wichtige Änderung im deutschen Schuldrecht für 2022!

Nach 20 Jahren unterliegt das Bürgerliche Gesetzbuch tiefgreifenden Änderungen im Allgemeinen Schuldrecht, insbesondere im Kaufrecht.

Bußgeldtatbestände

Das Gesetz zur Umsetzung der sog. Europäischen Modernisierungs-RL oder Omnibus-RL regelt mit Wirkung zum 28.5.2022 allgemeine Informationspflichten für Online-Händler. Zur Durchsetzung des Verbraucherschutzes werden Bußgeldvorschriften für eine schuldhafte Verletzung von Verbraucherinteressen eingeführt. Das betrifft zum Beispiel die Verwendung nach dem Gesetz unwirksamer AGB-Klauseln, die Nichterfüllung von Informationspflichten oder der Nichterfüllung bestimmter Pflichten des Unternehmers nach einem wirksamen Widerruf der Vertragserklärung durch den Verbraucher.

Bezahlen mit Daten

Das Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Digitale-Inhalte-Richtlinie erstreckt bereits zum Beginn des Jahres 2022 verbraucherschützende Vorschriften auf Verbraucherverträge (B2C), bei denen der Verbraucher als Gegenleistung kein Entgelt zahlt, sondern personenbezogene Daten bereitstellt oder sich dazu verpflichtet, sofern diese nicht ausschließlich zur Vertragsabwicklung benutzt werden.
Damit wird berechtigten Forderungen Rechnung getragen, den Daten der Verbraucher einen höheren Wert beizumessen.

Der „Vertrag über digitale Produkte“

Das Gesetz zur Umsetzung der Europäischen Digitale-Inhalte-Richtlinie erfasst »Verträge über digitale Produkte«.

Diese Produkte sind

  1. digitale Inhalte, z.B. Software (Computerprogramme, Apps), Audiodatein und Videodateien,
  2. digitale Dienstleistungen, Social-Media-Dienste (z.B. Instagram, TicToc, Facebook etc.), Messenger-Dienste, Streaming-Dienste (z.B. Spotify), Cloud-Speicher, Cloud-Computing-Dienste, Verkaufs-, Buchungs-, Vermittlungs- oder Bewertungsportale.

Ob sich in der Praxis ein eigenständiger Vertragstyp „digitale Produkte“ entwickelt oder ob die Regelungen auf andere Vertragstypen des besonderen Schuldrechts des BGB aufsetzen, bleibt abzuwarten.  Ein solcher Vertragstyp ist nur für Verbraucherverträge (B2C) denkbar, weil der Gesetzgeber für Verträge über digitale Produkte im B2B-Bereich nur für Regressfragen eine Regelung geschaffen hat.

Vertrag über Sachen mit digitalen Elementen

Die oben genannten Verträge über digitale Produkte sind abzugrenzen von den Kaufverträgen über „Waren mit digitalen Elementen“. Die Umsetzung der Europäischen Warenkauf-Richtlinie schafft Änderungen beim Verbrauchsgüterkauf (B2C). Waren mit digitalen Elementen sind bewegliche Sachen, die digitale Produkte mitenthalten. Darunter fallen elektronische Geräte, insbesondere sogenannte „smarte“ Geräte, wie etwa z.B. Smartphones, Navigationsgeräte, Rasenroboter oder bestimmte Kühlschränke.

Geregelt wird auch der „Paketvertrag“ der vorliegt, wenn ein Verbraucher sowohl eine Playstation als auch verschiedene digitale Spiele erwirbt, und der „sonstige Vertrag über Sachen mit digitalen Elementen“.

Update- und Upgradepflicht

Das neue Recht für Verbraucher sieht eine Aktualisierungspflicht des Unternehmers vor. Bei Nichterfüllung dieser Pflicht soll, auch bei Kaufverträgen über Waren mit digitalen Elementen, ein Produktmangel vorliegen.
In der Praxis haben vor Allem Sicherheitsupdates eine große Bedeutung für den Käufer. Die Aktualisierungspflicht besteht entweder für den vereinbarten Zeitraum oder für den Zeitraum, in dem der Verbraucher nach Art und Zweck des digitalen Produkts eine Aktualisierung erwarten kann.

Änderungsbefugnis des Unternehmers

Der  Unternehmers hat bei Verträgen über eine dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts ein Änderungsrecht.
Hierfür muss ein triftiger Grund vorliegen, insbesondere notwendige Anpassungen des digitalen Produkts an eine neue technische Umgebung, erhöhte Nutzerzahlen oder betriebstechnische Gründe. Dem Verbraucher dürfen durch die Änderung keine Kosten entstehen, und er muss darüber klar, verständlich und rechtzeitig informiert werden.

Alle Neuregelungen sollten von Unternehmen, die mit Verbrauchern auf den oben genannten Gebieten Verträge schließen, dringend in ihren Verträgen und Verhaltensweisen berücksichtigt werden. Die Compliance wir um weitere wichtige Elemente erweitert.

Die Rechtsanwälte Dr. Einhaus & Partner sind für Sie vorbereitet.

INTERNATIONALES UND EUROPÄISCHES RECHT

Gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen

Der Europäische Gerichtshof hat am 22.12.2022 entschieden (Aktenzeichen C‑98/22 - Eurelec Trading ):

Art. 1 Abs. 1 der Brüssel Ia-VO (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne dieser Bestimmung die Klage einer Behörde eines Mitgliedstaats gegen Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, mit der die Feststellung, Ahndung und Unterlassung wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen gegenüber im ersten Mitgliedstaat ansässigen Lieferanten bezweckt wird, nicht umfasst, wenn diese Behörde Klage- oder Ermittlungsbefugnisse ausübt, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden allgemeinen Regeln abweichen.

Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen

Der Europäische Gerichtshof hat am 20.04.2023 entschieden (Aktenzeichen C-291/21- Starkinvest SRL): Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen ist wie folgt auszulegen: Eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Schuldner für den Fall der künftigen Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsanordnung zur Zahlung eines Zwangsgelds verurteilt wird und mit der folglich die Höhe dieses Zwangsgelds nicht endgültig festgesetzt wird, stellt keine gerichtliche Entscheidung, mit der der Schuldner aufgefordert wird, die Forderung des Gläubigers zu erfüllen, im Sinne dieser Bestimmung dar, so dass der Gläubiger, der den Erlass eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung beantragt, nicht von der Verpflichtung befreit ist, hinreichende Beweismittel vorzulegen, die das Gericht, bei dem der Erlass dieses Beschlusses beantragt wurde, zu der berechtigten Annahme veranlassen, dass über die Forderung gegenüber dem Schuldner in der Hauptsache voraussichtlich zugunsten des Gläubigers entschieden wird.

Zustellung von Schriftstücken in der EU

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 07.07.2023 (C-7/21 - LKW WALTER) entschieden:

Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung des Mitgliedstaats, zu dem die Behörde gehört, die ein zuzustellendes Schriftstück ausgestellt hat, entgegensteht, wonach der Beginn der einwöchigen Frist nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1393/2007, innerhalb deren der Empfänger eines solchen Schriftstücks die Annahme aus einem der in dieser Bestimmung vorgesehenen Gründe verweigern kann, mit dem Fristbeginn für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen dieses Schriftstück in diesem Mitgliedstaat zusammenfällt.

Niederlassungsfreiheit in Europa

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 07.07.2023 (C-50/21 - Prestige and Limousine, S.L. v Área Metropolitana de Barcelona u. A.) entschieden:

1. Art. 107 Abs. 1 AEUV steht einer für einen Großraum geltenden Regelung nicht entgegen, wonach zum einen zusätzlich zu der nationalen Genehmigung, die für die Erbringung von städtischen und überörtlichen Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer erforderlich ist, eine besondere Genehmigung erforderlich ist, um in diesem Großraum Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer auszuüben, und zum anderen die Anzahl der Lizenzen für solche Dienstleistungen auf ein Dreißigstel der für diesen Großraum erteilten Anzahl der Lizenzen für Taxidienste begrenzt ist, sofern diese Maßnahmen nicht zu einem Einsatz staatlicher Mittel im Sinne dieser Bestimmung führen.

2. Art. 49 AEUV steht einer in einem Großraum geltenden Regelung nicht entgegen, wonach zusätzlich zu der nationalen Genehmigung, die für die Erbringung von städtischen und überörtlichen Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer erforderlich ist, eine besondere Genehmigung erforderlich ist, um in diesem Großraum Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer auszuüben, wenn diese besondere Genehmigung auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die jede Willkür ausschließen und sich nicht mit Kontrollen überschneiden, die bereits im Rahmen des nationalen Genehmigungsverfahrens durchgeführt wurden, sondern besonderen Bedürfnissen dieses Großraums entsprechen.

3. Art. 49 AEUV steht einer in einem Großraum geltenden Regelung entgegen, wonach die Anzahl der Lizenzen für Dienstleistungen der Vermietung von Personenkraftwagen mit Fahrer auf ein Dreißigstel der für diesen Großraum erteilten Anzahl der Lizenzen für Taxidienste begrenzt ist, sofern weder feststeht, dass diese Maßnahme geeignet ist, die Verwirklichung der Ziele einer guten Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums dieses Großraums sowie des Ziels des Umweltschutzes zu gewährleisten, noch, dass sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der genannten Ziele erforderlich ist.

(INTERNATIONALES) STEUERRECHT

Erbschaftssteuer

Erwirbt ein inländischer Erbe nach italienischem Erbrecht, entsteht inländische Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und nicht erst mit der nach italienischem Recht notwendigen Annahme der Erbschaft durch den Erben (so der deutsche Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.11.2021).

GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ

Klarstellung der Kennzeichnungspflichten bei Werbung (durch Influencer:innen)

Seit dem 28.05. ist das neue Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft.

Das bedeutet für Influencer:innen mehr Klarheit,  insbesondere praxisrelevant ist § 5a Abs. 4 S. 2 UWG n.F.

Ein versteckter kommerzieller Zweck liegt danach bei einer geschäftlichen Handlung dann nicht vor, wenn der Handelnde, der zugunsten eines anderen Unternehmens tätig wird, für seine Handlungen weder ein Entgelt noch eine ähnliche Gegenleistung wie z. B. Testprodukte erhält.

Da die Gegenleistung allerdings ein Faktor ist, der regelmäßig nur im sogenannten Innenverhältnis zwischen den Handelnden und Drittunternehmen bekannt ist, obliegt dem Handelnden die Glaubhaftmachung, dass keine solche Leistung erbracht wurde; andernfalls wird das Vorliegen einer Gegenleistung vermutet.

Die Neuregelung geht nicht auf europarechtliche Vorgaben zurück, sondern ist eine Eigeninitiative des deutschen Gesetzgebers, denn dieser sah vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsprechung zum sog. „Influencer-Marketing“ deutlichen Klarstellungsbedarf.

Unter welchen Voraussetzungen eigennützige geschäftliche Handlungen Kennzeichnungspflichten auslösen, bleibt aber weiterhin offen. Eigennützige geschäftliche Handlungen können angenommen werden, wenn Influencer:innen ihr eigenes Image vermarkten, um über eine größere Reichweite eine gesteigerte Attraktivität für Kooperationspartner zu erzielen. Bereits der Aufbau und die Pflege eines eigenen Profils in einem sozialen Netzwerk können daher durch die damit verbundene Pflege des eigenen Rufs und die Stärkung der eigenen Person als Werbeträger eine eigennützige geschäftliche Handlung darstellen.

Wir beraten Sie gerne bei Fragen rund um die Kennzeichnungspflichten.

 

STIFTUNGSRECHT

Die Reform der deutschen Stiftung

Es gibt fast 24.000 rechtsfähige Stiftungen in Deutschland.  92 % aller deutschen Stiftungen sind gemeinnützig, die übrigen sind ganz überwiegend Familienstiftungen mit dem Zweck der Versorgung der Angehörigen.

In Deutschland ist nun eine Reform des Stiftungsrechts in Kraft getreten, welche die Bezeichnung „Reform“ tatsächlich verdient.

Das bislang im BGB und in den Landesstiftungsgesetzen der Bundesländer enthaltene Stiftungsrecht wurde im BGB zusammengeführt. Das beseitigt Einiges an Rechtsunsicherheit. 

Mit der Stiftung nach deutschem Recht kann ein Stifter den Verwendungszweck des von ihm gestifteten Vermögens dauerhaft festlegen. Es gibt im deutschen Recht keine Vermögensverwaltungsform, bei der der Wille des „Gründers“ (des Stifters) so prägend ist wie bei der Stiftung. Eine nachträgliche Anpassung ist schwierig, so dass der Stifter sein Vermögen mit viel beruhigender Sicherheit hinsichtlich der Verwendung, aber auch mit wenig Eingriffsmöglichkeiten, stiftet.

Die Errichtung einer Stiftung muss also auch bei der Unternehmensnachfolge oder allgemein bei der Nachfolgeplanung im Erbrecht in Betracht gezogen werden. Darauf achten auch die Rechtsanwälte Dr. Einhaus & Partner bei der Beratung, insbesondere weil die Vermögensübertragung oft erbschaft- und schenkungsteuerfrei erfolgen.

Stiftungen haben weder Gesellschafter noch Vereinsmitglieder. Das Stiftungsgeschäft und die Satzung legen die Regeln fest.  Die Stiftungsaufsichtsbehörde beaufsichtigt, dass die Organe entsprechend den Vorgaben der Satzung tätig werden, das Vermögen erhalten und die Zwecke erfüllen. 

In Kraft treten wird das neue Gesetz zum 1.7.2023, so dass man es in der Vermögens- und Nachfolgeplanung noch im Jahr 2023 zur Handlungsgrundlage machen kann.

Wichtige Streitfragen und Rechtsprechung wurden im Zuge der Reform klargestellt bzw. umgesetzt. Darunter die sogenannte, auch allgemein im Gesellschaftsrecht gültige „Business Judgement Rule“, wonach eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Mitglied des Stiftungsorgans bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Auch im Übrigen geben die neuen rechtlichen Regelungen oft das ungeschriebene Recht aus Rechtsprechung und Literatur wieder, so dass die neuen Regelungen auch vor dem Inkrafttreten der Reform auf bestehende Stiftungen angewendet werden können.

Die Regelungen zum neu eingeführten, längst fälligen Stiftungsregister treten zum 1.1.2026 in Kraft. Das ist natürlich sehr langsam und entspricht insoweit leider dem Schneckentempo der derzeitigen Digitalisierung in Deutschland.

Die Reform ist insgesamt gelungen, da sie den Stiftern und allen Betroffenen mehr Rechtssicherheit und Klarheit gibt.

Bei Dr. Einhaus & Partner arbeiten auch Rechtsanwälte mit Zulassung im Ausland, so insbesondere in Italien und in den USA. Daher haben wir bei grenzüberschreitenden Vermögen immer auch im Auge, ob die Gründung einer Auslandsstiftung der bessere Weg ist. Insgesamt hat das deutsche Stiftungsrecht aber an Attraktivität gewonnen.

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KI (KÜNSTLICHE INTELLIGENZ), DATENSCHUTZRECHT, INTERNETRECHT, COMPLIANCE

Künstliche Intelligenz (KI): Was tut sich und was müssen wir tun

Sachstand:

Medial wird das Thema KI derzeit zur nächsten großen Krise gemacht. Als Rechtsanwälte von Dr. Einhaus & Partner können wir uns zwar der Beurteilung anschließen, dass die KI eine Gefahr darstellen beziehungsweise große Risiken mit sich bringen kann. Jedoch haben wir mittlerweile auch große Erfahrungen mit KI und betrachten sie deutlich sachlicher.                       

Bereits seit Jahrzehnten ist KI bei von uns verwendeten, juristischen Datenbanken im Einsatz. Die bei uns tätigen Rechtsanwälte haben die KI bereits im Studium, im Referendariat, bei der Fachanwaltsausbildung und bei Anfertigung der Dissertation und anderen wissenschaftlichen Publikationen in großem Umfang genutzt. Das kommt unserer Fortbildung, der Qualität unserer Leistungen und am Ende unseren Mandanten zugute. KI kann viele weitere Vorteile mit sich bringen, zum Beispiel eine bessere Gesundheitsfürsorge, einen sichereren und saubereren Verkehr, eine effizientere Fertigung sowie eine billigere und nachhaltigere Energieversorgung.

Dass nun eine exponentiell steigende Datenmenge durch das Internet einen „Tsunami“ auslöst und Risiken birgt, bedeutet nicht, dass wir dem hilflos ausgesetzt sind.

Gerade die EU hat in den letzten Jahrzehnten oft bewiesen, dass sie dynamischen und gefährlichen Entwicklungen ebenso dynamisch begegnen kann. Der E-Commerce sowie Datenschutz sind nur zwei Beispiele. Gerade im Datenschutzrecht sah sich die EU einmal mehr dem Vorwurf ausgesetzt, die Bürger und Unternehmen mit zu viel Bürokratie zu überziehen. Dabei stellte sich heraus, dass der leichtsinnige und großzügige Umgang mit den Daten, die zum Wertvollsten gehören, was wir besitzen, in Staaten wie den USA zum großen Problem mit zwischenstaatlichem Konfliktpotenzial und enormer politischer Sprengkraft werden kann. Die EU galt nun als vorbildlich. Auf einem solchen Weg befindet sich die EU auch bei der KI. Als Teil ihrer digitalen Strategie will die EU mit einer KI-Verordnung, dem „AI-Act“, die KI regulieren, um bessere Bedingungen für die Entwicklung und Nutzung dieser innovativen Technologie zu schaffen. Nach den zwei Jahre andauernden Beratungen und einigen Last-Minute-Änderungen hatte das Europäische Parlament am 14. Juni den neuen Kompromisstext gebilligt. Es wird eine Einigung bis zum Jahresende erwartet. Nach ihrer Verabschiedung enthält die Verordnung die weltweit ersten rechtlichen Vorschriften für KI.

Dass seitens großer Unternehmen wie Meta oder Google nun schon wieder angekündigt wird, man sehe darin Beschränkungen mit abschreckender Wirkung und Nachteilen für den europäischen Markt, halten wir für übertrieben. Wir gehen aufgrund der jüngeren politischen Entwicklungen vielmehr davon aus, dass andere Länder, insbesondere auch die USA, nachziehen werden. Auch ist der EU-Markt zu interessant für die Big-Tech-Unternehmen. Hier gilt es, selbstbewusst aufzutreten. Ein sicherer Rechtsrahmen ist besser als kein Rechtsrahmen und besser als Rechtsunsicherheit bei Anwendung bereits bestehender allgemeiner, nicht hinreichend spezifischer Normen. Das gibt insbesondere auch Sicherheit für Investoren und KI-Unternehmen. Auch der Aufschrei aus der Wirtschaft, insbesondere aus der KI-Start-Up-Szene, scheint übertrieben. Das wirtschaftliche Potential durch den Einsatz von KI wird die Anfangsinvestitionen und notwendigen Maßnahmen voraussichtlich schnell vergessen machen. Insbesondere Start-Ups sollten sich von erfahrenen Unternehmern und Beratern, darunter Rechtsanwälte und Steuerberater, beraten lassen. Ansonsten wird nach unserer langjährigen Erfahrung auch die beste Idee nicht zum Erfolg führen.

Wer ist Adressat der KI-Verordnung?

Die Verordnung gilt nicht nur für alle Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen auf KI-Basis, die in der EU in Verkehr oder Betrieb genommen werden, sondern auch für alle Nutzer von KI-Systemen in der EU. Wie im Datenschutzrecht und im Verbraucherschutzrecht werden also all jene erfasst, deren Aktivität sich auf die EU erstreckt.

Was ist Inhalt der KI-Verordnung?

Die Verordnung ordnet generative KI-Anwendungen, zu denen etwa der bekannte Chatbot „ChatGPT“ zählt, in verschiedenen Risikogruppen ein. Diese reichen von „minimal“ über „hoch“ bis „inakzeptabel“. Damit verbunden sind abgestufte Sicherheits- und Transparenzanforderungen. Die verschiedenen Risikostufen unterliegen mehr oder weniger Regulierung. Das ist ein guter risikobasierter Ansatz, um Vorschriften dem Bedarf dynamisch anzupassen.

KI-Systeme stellen ein unannehmbares Risiko dar, wenn sie als Bedrohung für Menschen gelten. Diese KI-Systeme werden verboten. In diese Gruppe fallen kognitive Verhaltensmanipulation von Personen oder bestimmten gefährdeten Gruppen, zum Beispiel sprachgesteuertes Spielzeug, das gefährliches Verhalten bei Kindern fördert. Auch soziales Scoring, das heißt die Klassifizierung von Menschen auf der Grundlage von Verhalten, sozioökonomischem Status und persönlichen Merkmalen, ist untersagt. Auch die in weniger demokratischen Ländern schon existierenden biometrischen Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme, zum Beispiel Gesichtserkennung, sind grundsätzlich verboten. Ausnahmen können beispielsweise bei nachträglicher biometrischer Fernidentifizierung zur Verfolgung schwerer Straftaten und nur nach gerichtlicher Genehmigung zugelassen werden. KI-Systeme, die ein hohes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit oder für die Grundrechte natürlicher Personen darstellen, gelten als hochriskant und werden in zwei Hauptkategorien eingeteilt. Einerseits KI-Systeme, die in Produkten verwendet werden, die unter die Produktsicherheitsvorschriften der EU fallen. Dazu gehören Spielzeug, Luftfahrt, Fahrzeuge, medizinische Geräte und Aufzüge. Andererseits KI-Systeme, die in acht spezifische Bereiche fallen, und die in einer EU-Datenbank registriert werden müssen: Biometrische Identifizierung und Kategorisierung von natürlichen Personen; Verwaltung und Betrieb von kritischen Infrastrukturen; allgemeine und berufliche Bildung; Beschäftigung, Verwaltung der Arbeitnehmer und Zugang zur Selbstständigkeit; Zugang zu und Inanspruchnahme von wesentlichen privaten und öffentlichen Diensten und Leistungen; Strafverfolgung; Verwaltung von Migration, Asyl und Grenzkontrollen; Unterstützung bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzen. Diese KI-Systeme aus der Kategorie „hohes Risiko“ werden vor dem Inverkehrbringen und während ihres gesamten Lebenszyklus bewertet.

Generative KI, also Foundation-Modelle wie ChatGPT, müssen zusätzliche Transparenzanforderungen erfüllen und offenlegen: - dass der Inhalt durch KI generiert wurde; - die Gestaltung des Modells, um zu verhindern, dass es illegale Inhalte erzeugt; - Veröffentlichung von Zusammenfassungen urheberrechtlich geschützter Daten, die für das Training verwendet wurden.

KI-Systeme mit nur „begrenztem“ Risiko sollen minimale Transparenzanforderungen erfüllen, die es den Nutzern ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Nach der Interaktion mit den Anwendungen kann der Nutzer dann entscheiden, ob er sie weiter verwenden möchte. Die Nutzer sollten darauf aufmerksam gemacht werden, wenn sie mit KI interagieren. Dies gilt auch für KI-Systeme, die Bild-, Audio- oder Videoinhalte erzeugen oder manipulieren (zum Beispiel Deepfakes).

Was sollten Sie tun?

Verstöße gegen die Vorschriften der KI-Verordnung können mit erheblichen Strafen verbunden sein. Wir wollen unsere Mandanten so rechtzeitig informieren, dass sie bei Inkrafttreten nicht überrascht, sondern gut vorbereitet sind und keinen Schaden erleiden. Unternehmen sollten frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre KI-Systeme den neuen Regulierungen entsprechen und gleichzeitig ethischen Standards genügen.

Unsere Empfehlungen für Unternehmen zur Vorbereitung auf den KI-Act der EU:

Die Beachtung der Vorschriften muss zum Teil der unternehmerischen Compliance werden: Unternehmen sollten ihre bestehenden und geplanten KI-Systeme auf ihre Klassifizierung im Hinblick auf Hochrisiko- oder Niedrigrisiko-KI überprüfen, um sicherzustellen, dass sie die Anforderungen des KI-Acts erfüllen.

Dabei sind umfassende Aufzeichnungen über die Entwicklung und den Einsatz Ihrer KI-Systeme zu führen. Dies umfasst die Dokumentation von Trainingsdaten, Algorithmen und Entscheidungsprozessen. Das klingt sehr schwierig und aufwändig. Wer sich aber als reiner Anwender Systeme liefern oder installieren lässt, wird diese Maßnahmen idealerweise im Vertragswege zum Teil der Verpflichtungen des Lieferanten bzw. Dienstleisters machen.

Risikobewertung und -management: Führen Sie eine gründliche Risikobewertung für Ihre KI-Systeme durch und entwickeln Sie entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung. Erstellen Sie Notfallpläne für den Umgang mit Ausfällen oder Problemen im Zusammenhang mit KI-Systemen.

Schulung und Sensibilisierung: Schulen Sie Ihr Team in Bezug auf die Anforderungen des KI-Acts und die ethischen Grundsätze, die in der KI-Entwicklung und -Nutzung gelten. Sensibilisieren Sie Mitarbeiter für die Bedeutung der Einhaltung der Vorschriften.

Holen Sie sich gegebenenfalls rechtliche Beratung von Experten ein, um sicherzustellen, dass Ihre KI-Systeme den Anforderungen des KI-Acts entsprechen.

Wenn Sie das Alles sorgfältig beachten, so wird es wie beim Datenschutz sein: Die große Furcht und Panik sind nicht begründet und wir sorgen gemeinsam dafür, dass revolutionäre Entwicklungen nicht zur Bedrohung werden. Wir betrachten die Regulierung vor allem als Chance, revolutionäre technische Entwicklungen zum Schutz und zum Nutzen Aller, stets nach unserem Leitsatz „don’t panic“, juristisch zu begleiten.

 

Erfahren Sie mehr über unsere Leistungen.